DRK Zeitzeuge: Josef Richner half beim Grubenunglück in Luisenthal

Wehrden. Josef Richner ist seit 60 Jahren Mitglied beim Deutschen Roten Kreuz Ortsverein Wehrden. Dafür wurde er gerade erst vom DRK-Kreisverband geehrt. Beim Grubenunglück in Luisenthal wusch er Leichen – das war für ihn eine Selbstverständlichkeit, für die wurde er nicht geehrt. Aber irgendjemand musste es ja machen und der Einsatz beschäftige ihn lange: „Wir wuschen die Leichen der toten Bergleute, die schwarz von Ruß und Staub von den Rettungsmannschaften nach oben gebracht wurden. Wir vom Roten Kreuz konnten diese Menschen nicht retten, aber wir ermöglichten ihre Identifizierung“, erinnert sich Richner an das Drama von Luisenthal, bei dem 299 Bergleute starben. Dienstag wurde dem 50. Jahrestag der Katastrophe gedacht. „Auch Leichenteile haben wir abgewaschen“, sagt Richner, der sich noch genau daran erinnert, dass alle Körper die geborgen wurden tief schwarz waren und man nur durch diese Arbeit ermitteln konnte, wen man nun geborgen hatte. „Es war schlimm“, sagt der 89jährige immer wieder, die unangenehme Arbeit traute er sich zu, weil er auch schon im Krieg einiges weggesteckt hatte.  „Solches Unheil habe ich im Krieg schon gesehen. Von 1941 bis 1943 war ich in Russland stationiert. Die Winter waren unbeschreiblich kalt. Wir waren gar nicht für die Kälte ausgerüstet. Manchen froren Finger und Zehen ab“, so Richner. „In den drei Jahren war ich sechsmal verletzt. Einmal ging eine Granate vor mir los. Ein Splitter setzte sich in meiner Halswirbelsäule fest und ich war lange Zeit gelähmt.“ Erst als Richner wieder in Deutschland war, wurde ihm der Splitter entfernt. Die Kriegserlebnisse hatte er überstanden und so meldete er sich ohne lange nachzudenken, als in Luisenthal die Not groß war. Richner und viele andere Rotkreuz-Helfer wurden zu stummen Zeugen des schwersten Grubenunglücks im Saar-Bergbau. Der Rotkreuz-Arbeit blieb er aber verhaftet.
„Meine Frau war schon vor mir im Roten Kreuz. 1951 überredete sie mich einmal mit zur Gruppenstunde zu kommen“, so Richner. Kurze Zeit später war er bereits Vorstandsmitglied der DRK Ortsgruppe Wehrden. „Ich hatte viele Positionen in der Ortsgruppe: Zeugwart, Gruppenführer, Erste-Hilfe-Ausbilder, Zugführer und Bereitschaftsführer, oder wie man heute sagt Bereitschaftsleiter “, erklärt Richner. „Als Erste-Hilfe-Ausbilder war ich ebenfalls aktiv. Über 25 Jahre besuchte ich verschiedene Schulen in Köllerbach, Püttlingen und Gersweiler. In Wehrden und Völklingen bot ich den Kurs für Führerscheinbewerber an.“ All die Ämter führte Richner mit voller Energie aus. Es gab Tage, an denen er direkt nach seiner Nachtschicht in der Kokerei der Völklinger Hütte in die Rettungswache fuhr: „Auch während der Arbeitszeit stellte mich der Betrieb oft für Einsätze frei. Ich brauchte wohl den Stress als ständigen Begleiter.“ Damals gab es noch keinen hauptamtlich organisierten rund um die Uhr besetzten Rettungsdienst wie heute. Rettung war eher organisiert wie eine Freiwillige Feuerwehr und Richner war allzeit bereit. Auch mit 89 Jahren ist Richner noch immer sehr engagiert in der DRK Ortsgruppe Wehrden: „Ich bin seit Jahren erster Vorsitzender. Die wollen mich nicht weghaben“, sagt er lächelnd. „Körperlich kann ich nicht mehr viel helfen, aber dafür in organisatorischen Angelegenheiten.“ Im Laufe der Jahre hat Richner einen Rückgang der Mitgliedszahlen beobachtet, welchen er sehr bedauert: „Die jungen Leute wollen in ihrer Freizeit ihre Ruhe, und sich nicht ehrenamtlich in einem Verein betätigen“, glaubt er. „Außerdem haben wir immer weniger fördernde Mitglieder. 1952 waren es noch 480 finanzielle Unterstützer, heute nur noch 63.“





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